Andreas Skouras, Klavier Vier Münchner sonaten 1938 - 47 als Spiegel der Geschichte
Zeit
14. Dezember 2025 19:00 - 21:00(GMT+00:00)
Beschreibung
Vier Münchner Sonaten 1939 – 48 als Spiegel der Geschichte Wolfgang Jacobi, Karl Amadeus Hartmann, Werner Egk, Hans Winterberg Wolfgang Jacobi und Karl Amadeus Hartmann waren prägende Persönlichkeit des
Beschreibung
Vier Münchner Sonaten 1939 – 48 als Spiegel der Geschichte
Wolfgang Jacobi, Karl Amadeus Hartmann, Werner Egk, Hans Winterberg
Wolfgang Jacobi und Karl Amadeus Hartmann waren prägende Persönlichkeit des
Münchner Konzertlebens in der Zeit nach dem zweiten Weltkrieg. Jacobi als
Hochschullehrer und Funktionär sowohl des Münchner wie auch des Bayerischen
Tonkünstlerverbandes, Hartmann als visionärer Gründer der Musica Viva. Doch beide
gehörten zu den gefährdeten Künstlern im 3. Reich, Jacobi ob seiner jüdischen
Abstammung und Hartmann seiner unangepassten Musik wegen, die von den Nazis mit
einem Aufführungsverbot belegt wurde.
Dagegen steht Werner Egk für die Künstler, die zumindest von der Bewunderung der
herrschenden Schicht profitierte und mit Kompositionsaufträgen, Aufführung und Ehrungen
überhäuft wurde.
Hans Winterberg wiederum war nicht nur gefährdet, er durchlebte das Grauen der
Konzentrationslager und entging nur knapp dem Tod, anders als viele seiner
Familienangehörigen, die dem Rassenwahn der Nazis erlegen sind. Trotzdem zog es den
jüdischen Shoa-Überlebenden Winterberg nach München und später ins Münchner Umland,
wo er bis zu seinem Tod 1991 lebte.
Das früheste der vier Werke im Programm ist die 1939 im italienischen Exil entstandene
dritte Sonate von Jacobi. Obschon nicht programmatisch, ist die Angst um die eigene
Zukunft unüberhörbar. Von Idylle keine Spur, nur Verzweiflung kennzeichnet dieses
gewichtigste Werke für Klavier des Komponisten. In Italien konnte er übrigens nicht lange
bleiben und so kehrte er mit seiner Familie in den Kriegsjahren nach München zurück und
blieb in dem Haus versteckt, das heute von seinem Urenkel bewohnt wird.
Im Frühjahr 1945 schien der Krieg bald vorbei zu sein und obwohl ihr Untergang besiegelt
war, setzten die Nazis die Überlebenden ihrer KZs in die sogenannten Todesmärsche, so
auch aus dem KZ Dachau am 27. April 1945. Karl Amadeus Hartmann befand sich ebenfalls
in München und in „innerer Emigration“, doch der Eindruck der vorbeiziehenden Häftlinge
war so stark, dass er sich zur Komposition seiner Sonate inspirieren ließ, einem
pianistischen Mahnmal gegen das Vergessen aller von den Nazis begangener Gräueltaten.
Doch auch ein Komponist wie Werner Egk war und ist Teil der Deutschen Kulturgeschichte.
Aus musikalischer Sicht von seinen zeitgenössischen Kollegen durchaus anerkannt und
geschätzt, haftet an ihm der Makel zumindest der Nutznießerschaft des NS-Regimes. Und
obschon auch er ein Entnazifizierungsverfahren durchlief und entlastet wurde spricht vieles
dafür, dass er sich vom Regime nicht distanzieren wollte. Absurderweise behauptete er
später Wolfgang Jacobi gegenüber, dass er (also Egk) es war, der durch die Nazis gefährdet
wurde. Trotz diesen Mangels an Reflexion und der Dreistigkeit der falschen Behauptung
finde ich es wichtig, sich mit ihm als schöpferischen Geist auseinanderzusetzen. Seine
einzige Klaviersonate entstand 1947.
Das Programm beschließt die 1948 ebenfalls in München entstandene vierte Klaviersonate
Hans Winterbergs, der ebenfalls Werner Egk begegnet ist, waren beide beim Bayerischen
Rundfunk tätig.
Stilistisch lassen sich in der Jacobi-Sonate neoklassizistische Tendenzen und durchaus
pianistische Virtuosität feststellen, bei Hartmann die für ihn typische Expressivität, bei Egk
eine Stravinsky-nahe Klassizität, während bei Winterberg das Überwinden der
Dodekaphonie vorherrschend ist. Text: Andreas Skouras
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